Feinkost Gromes

Das Fasanviertel im 3. Wiener Gemeindebezirk besticht nicht gerade durch Anmut und Schönheit, wenn man von der Jacquingasse, deren Fenster zum Botanischen Garten und dem dahinter liegenden Belvedere schauen, mal absieht. Aber dort darf man, glaub ich, nur wohnen, wenn man mit Vornamen Dr. oder DDr. oder DDDr. heißt. Zumindest bekommt man diesen Eindruck, wenn man sich die Sprechanlagen ansieht.

Der Rest des Fasanviertels versinkt im Mittelmaß und quer durchs Mittelmaß führt die Fasangasse – trist und öde – wäre da nicht, ja wäre da nicht … eingepfercht zwischen Supermarkt- und Drogerieketten, Videotheken und einen halben Dutzend Handyshops … ein Lichtblick!
Eine Oase der Menschlichkeit!
Das letzte wackere Bollwerk inmitten bis an die Zähne bewaffneter Massenkonsumfronten:

Das Feinkost Gromes!

Feinkost Gromes
Einer der letzten Greißler Wiens

Als ich klein war gab es derlei Greißlereien noch viele, die GreißlerInnen hinter der Budl – mal charmant, mal griesgrämisch – kannten den Großteil ihrer Kundschaft noch mit Namen, man ließ zwischendurch einmal anschreiben und bekam als Kind immer ein Zuckerl oder einen Schlecker zum Abschied.
Irgendwie geht mir das ab.
Feinkost Gromes aber gibt es noch und es sieht auch nicht so aus, als würde es bald schließen. Herr Gromes junior sprüht nur so vor Ambition inmitten seiner Kaufmannsladenidylle, richtig ansteckend wirkt das! Wenn ich hier mein Wurstsemmerl mit Gurkerl kaufe, fragt er mich „Handsemmerl, Kornweckerl oder Kümmelweckerl?“ Handsemmerl natürlich! Und er preist seine Schinkensorten an, dass mir akut das Wasser im Mund zusammenläuft.

Vater und Sohn Gromes

Vater und Sohn Gromes

Vater Gromes steht auch noch im Laden. Er hat das Geschäft 1932 eröffnet. In den Kriegsjahren musste der junge Geschäftsmann seine Auslagen zumauern. Nutze aber nichts – geraubt und geplündert wurde trotzdem.
Doch das Gromes hat überlebt und sieht noch immer genauso aus, wie damals. In dichten windschiefen Regalreihen gibt es hier alles, was das Herz begehrt. Vom Biowein und diversen Grappasorten über frisches Obst und Gemüse bis zum schon vorgekochten Mittagessen, wie hausgemachte Knödel oder Lasagne – einfach alles und alles gut. Und was es nicht gibt, wird bestellt.
Gromes Vater und Sohn achten ganz besonders auf die Qualität ihrer Waren. Beim Einkauf am Großmarkt wird da jedes Stück genau begutachtet, denn der Gromes Kunde ist schließlich König. So solls sein!
Auch Hauslieferung gab es hier schon immer und die Preise können sich sehen lassen – meist nur leicht über der Supermarktpreislage und oftmals sogar darunter. Das mache den Beiden mal einer nach!

Vom kaufmännischen Geschick der Familie Gromes zeugen aber nicht nur der vorzügliche Umgang mit den Kunden, die Qualität der Waren und die Preise, sondern auch die urigen handgeschriebenen Werbebotschaften in der Auslage und eine seltsame Konstruktion von Schnüren, die quer durch den Greißlerladen gespannt ist, stellenweise durch kleine Laufräder und Schläuche führt und an 2 Stellen des Lokals in kleinen Obstnetzen mit einem Tennisball enden. Das ist die automatische Türöffneranlage, die Vater Gromes schon gebaut hatte, als elektrische Türöffneranlagen noch reinste Utopie waren.

manueller Türöffner

Der ‘automatische’ Türöffner

Beim Anblick dieser Konstruktion schlägt mein kleines Daniel-Düsentrieb-Herz immer ein bisschen schneller…

Beim Verlassen des Ladens durch die wie von Zauberhand geöffnete Türe schallt mir noch ein herzliches „Beehren Sie uns bald wieder!“ hinterher, ich beiße in mein Handsemmerl mit Vorarlberger Rauchschinken und Gurkerl und bin … glücklich!

Feinkost Gromes

Fasangasse 18, 1030 Wien

Mo. – Do. 7:00 – 12:45 und 13:30 – 18:30
Fr. 7:00 – 18:30
Sa. 7:00 – 13:30

Hauszustellung nach Vereinbarung

Ein Joulupukki Qype Archiv Artikel

5 Kommentare to “Feinkost Gromes”

  1. Und 2020 gibt es den Greißler noch immer! 🙂 Damit sie auch neue Kunden finden hab ich sie gleich auf meiner Plattform regimarkt.at eingetragen

  2. Hallo!
    Habe kürzlich dieses nette Feinkostgeschäft entdeckt – der Schinken ist wirklich Extraklasse.
    Ein wohltuender Kontrapunkt zu den stressigen Supermärkten ….

  3. Ich hoffe als rege Kundin der Herren Gromes?
    Hach, die Welt ist so klein!

  4. Ich habe lange Zeit im Fasanviertel gewohnt : )

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